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Aktuelle BGH Urteile zur Patientenverfügung

Lesen Sie hier die aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) (April 2024). Dieser hat in mehreren Entscheidungen in der Vergangenheit, insbesondere 2018, 2017 und 2016, die Rechtsprechung zur Patientenverfügung ausgestaltet. Hier geben wir Ihnen ein Überblick über wichtige Urteile.

 

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BGH Urteil 2019: Kein Schmerzensgeld für das Weiterleben

Der BGH hat in einem aktuellen Urteil am 2. April 2019 (Az.: VI ZR 13/18) entschieden, dass Ärzte nicht haften, wenn sie einen Patienten durch künstliche Ernährung länger als medizinisch sinnvoll am Leben erhalten und damit sein Leiden verlängern. Der BGH ist der Ansicht, dass das (Weiter)Leben nicht als immaterieller Schaden gewertet werden könne, für den Schmerzensgeld und Schadenersatz gefordert werden können. Der Wert des Lebens könne auch nicht durch Dritte bestimmt werden. Daher sei es vorliegend unerheblich, ob der Arzt Aufklärungspflichten verletzt habe.

Zugrundeliegender Sachverhalt

Ein unheilbar kranker und vollständig dementer Mann wurde in aussichtsloser Lage jahrelang künstlich ernährt. Aufgrund dieser lebensverlängernden Maßnahme verklagte der Sohn des 2011 verstorbenen Patienten dessen Hausarzt vor dem Oberlandgericht München auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Der Verstorbene stand seit 1997 auf Grund einer Demenzerkrankung unter Betreuung und wurde 2006 in einem Pflegeheim untergebracht. Ab diesem Zeitpunkt wurde ihm während eines Krankenhausaufenthaltes eine Magensonde (PEG) gelegt, durch diese er bis zu seinem Tod künstlich ernährt wurde. Bereits damals war der Patient nicht mehr in der Lage gewesen, seinen Willen zu bilden und diesen zu äußern. Eine Patientenverfügung gab es nicht. Die künstliche Ernährung wurde durch den Arzt immer weiter verlängert und schlussendlich fünf Jahre lang aufrechterhalten. Nach Ansicht des Sohnes habe der Arzt durch die Fortführung der künstlichen Ernährung das Leben des kranken Vaters unnötig verlängert. Er argumentierte, dass dem Vater infolgedessen Schmerzen und Leid zugefügt worden sei. Daher habe sich der teilweise gelähmte und bettlägerige Patient wund gelegen. Die dadurch entstandenen Schmerzen wurden regelmäßig mit Opioiden behandelt. Zusätzlich bestand ab 2010 keine Aussicht auf eine Besserung des gesundheitlichen Zustandes des Vaters. Tatsächlich gab es laut Gericht für eine Fortführung der Behandlung keine objektiv medizinische Indikation. Außer der Lebensverlängerung war kein weiteres Therapieziel ersichtlich.

Der Sohn hielt diese Behandlung als Behandlungsfehler und wollte 100.000 Euro Schmerzensgeld sowie 52.000 Euro Behandlungs- und Pflegekosten erstreiten.

Vorinstanz

Das Oberlandesgericht München hatte 2018 noch entschieden (Az.: 9 O 5246/14), dass der Arzt seine ärztlichen Pflichten verletzt habe. Zwar sei dieser nicht verpflichtet gewesen, die Behandlung eigenmächtig abzubrechen, dennoch habe er die regelmäßige Überprüfung der Indikation für die Behandlung des Vaters vernachlässigt und die Pflicht zur umfassenden Aufklärung verletzt. Hätte eine rechtswirksame Patientenverfügung vorgelegen, hätte nicht nur das Leid des Mannes, sondern auch das der Angehörigen vermieden werden können. Daher bekam der Sohn des verstorbenen Patienten vom OLG München Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro zugesprochen.

BGH Urteil 2018: Voraussetzungen einer Patientenverfügung für Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

Der BGH hat in seinem Beschluss vom 14. November 2018 - XII ZB 107/18 seine vorherige Rechtsprechung klar fortgesetzt und damit ein weiteres klares Zeichen für Rechtssicherheit und Selbstbestimmung der Betroffenen gesetzt.

Hintergrund

Eine Frau (Jahrgang 1940) erleidet 2008 einen Schlaganfall und liegt seitdem im Wachkoma, wobei sie über eine Magensonde Flüssigkeit und künstliche Ernährung erhält. Bereits 10 Jahre vorher hatte sie eine Patientenverfügung erstellt, in der sie bei schwerer Hirnschädigung lebensverlängernde Maßnahmen ablehnte. In gleicher Weise äußerte sie sich auch gegenüber Angehörigen, als sie im Bekanntenkreis von Wachkoma-Fällen gehört hatte.

Im weiteren Verlauf wurde der Sohn sowie der Ehemann zu alleinvertretungsberechtigten Betreuern bestellt. Der Sohn ist mit den Ärzten der Ansicht, dass die künstliche Flüssigkeitszufuhr und Ernährung eingestellt werden soll. Der Ehemann ist anderer Ansicht. Der Sohn rief daraufhin das Betreuungsgericht zur Genehmigung des Abbruchs lebensverlängernder Maßnahmen an.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht urteilt, dass eine wirksame Patientenverfügung gemäß § 1901a  Abs. 1 BGB der betroffenen Frau zur Umsetzung ihres darin geäußerten Wunschs nach Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen allein ausreicht und von Ärzten und Angehörigen zu akzeptieren und umzusetzen ist. Eine zusätzliche Genehmigung ihres Patientenwunsches auch zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen durch ein Betreuungsgericht gemäß § 1904 Abs. 2 BGB ist nicht erforderlich.

Denn mit einer Patientenverfügung soll jeder selbst genau diesen Fall für sich rechtsverbindlich ohne weitere Erlaubnis von außen regeln – das ist Ausdruck der Selbstbestimmung im Rahmen des eigenen Lebens. Da die Betroffene eine ausführliche und auf ihre konkrete Lebens- und Behandlungssituation zutreffende Patientenverfügung erstellt hat, hat sie ihre Entscheidung rechtlich verbindlich für sich festgelegt. Eine (weitere) Einwilligung durch den Betreuer gemäß dem betreuungsgerichtlichen Genehmigungserfordernis, wie es im vorliegenden Fall lag, ist nicht erforderlich. Ein Gericht hat im Fall einer vorliegenden wirksamen Verfügung daher zu erklären, dass es solch einer gerichtlichen Genehmigung nicht bedarf (sog. Negativtest). Keine Institution muss dann also eine weitere Genehmigung oder Erlaubnis erteilen. Die Angehörigen und Ärzte haben den Willen der Betroffenen direkt aus der Patientenverfügung heraus zu respektieren.

Grundvoraussetzung hierzu ist laut Bundesgerichtshof natürlich, dass in der Patientenverfügung klar geregelt ist, in welcher Behandlungssituation welche ärztlichen Maßnahmen durchgeführt werden bzw. unterbleiben sollen. Maßgabe hierfür ist ein durchschnittlicher Bürger, der seine Wünsche für bestimmte Lebenssituationen ausdrücklich formuliert. Hierbei reichen allgemeine Formulierungen wie „ein würdevolles Sterben ermöglichen“ oder „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ an sich nicht aus.

Der BGH macht damit deutlich, dass eine Patientenverfügung von jedem einzelnen wirksam erstellt werden kann, wenn die juristischen Voraussetzungen erfüllt sind. Es ist daher ratsam, sich an einen Experten wie PatientenverfügungPlus zu wenden, damit im Ernstfall alles juristisch bedacht und einwandfrei ist.

BGH Urteil 2017: Voraussetzungen für die Bindungswirkung einer Patientenverfügung

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt sich in seinem Beschluss vom 8. Februar 2017 (XII ZB 604/15) innerhalb kurzer Zeit erneut mit der Bestimmung des Patientenwillens und den Anforderungen an eine Patientenverfügung. Das Thema ist angesichts der Entwicklung der jüngsten Rechtsprechung und der in Umlauf befindlichen unterschiedlichsten Formulierungsvarianten weiterhin sehr aktuell. Angesichts der unüberschaubaren Vielzahl der in der Praxis verwendeten Formulierungen kommt der Frage nach den Voraussetzungen der Bindungswirkung einer Patientenverfügung stets hohe Bedeutung zu. Die vorliegende Entscheidung gibt dem Gericht Gelegenheit, die Voraussetzungen zur unmittelbaren Bindungswirkung weiter zu konkretisieren. Hierbei bekräftigt der BGH seine frühere Rechtsprechung zur Ungeeignetheit der pauschalen Ablehnung lebensverlängernder Maßnahmen sowie zur eindeutigen Formulierung der Lebens- und Behandlungssituationen fort.

Rechtliche Wertung

Der BGH setzt sich eingehend mit der Frage auseinander, unter welchen Voraussetzungen eine Patientenverfügung eine wirksame Einwilligung des Betroffenen in den Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme enthält, wodurch eine betreuungsgerichtliche Genehmigung überflüssig wird. 

Nach Ansicht des BGH entfaltet eine Patientenverfügung immer dann Bindungswirkung, wenn ihr konkrete Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen zu Grunde liegen und diese erkennbar für die konkrete Behandlungssituation gelten sollen. Für die Bestimmtheit ist es unerlässlich, dass feststellbar ist, in welcher Behandlungssituation welche ärztlichen Maßnahmen erwünscht bzw. unerwünscht sind. Daraus lässt sich folgern, dass bei der Beurteilung der Ausführungen der Patientenverfügung von einem durchschnittlich verständigen Menschen auszugehen ist, der nicht über besondere Fachkenntnisse verfügt. Die Anforderungen an die Bestimmtheit werden nach Ansicht des BGH jedoch nicht mit allgemeinen Äußerungen erfüllt.

Wird der Patientenwille trotz fehlender Patientenverfügung verletzt, kann nach einer neuen Entscheidung des OLG München der Arzt haftbar gemacht und Schmerzensgeld fällig werden. 

BGH Urteil 2016: Pauschale Formulierungen unwirksam

Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.07.2016 (Aktenzeichen: XII ZB 61/16) und der Veröffentlichung des Urteils am 09.08.2016 herrscht große rechtliche Verunsicherung hinsichtlich der Patientenverfügung in Deutschland. Für diesen Fall haben wir als Rechtsexperten in der Presse (z.B. auf Seite 1 der BILD Zeitung) Expertenrat gegeben. Im Folgenden stellen wir den Fall, der zum Urteil geführt hat kurz dar und gehen auf die Urteilbegründung ein. Anschließend beleuchten wir die Konsequenzen des Urteils.

Der Sachverhalt

Hintergrund für die BGH-Entscheidung war ein Streit unter Schwestern über den richtigen Umgang mit der pflegebedürftigen Mutter. Die über 70-jährige Frau erlitt 2011 einen Hirnschlag und im Krankenhaus wurde ihr eine Ernährungssonde (sog. PEG-Sonde) zur künstlichen Ernährung gelegt. Nach der Verlegung in ein Pflegeheim verlor sie 2013 die Fähigkeit zur Kommunikation mit ihrer Umwelt.

In ihrer Patientenverfügung hatte sie sich für einen solchen Fall gegen „lebensverlängernde Maßnahmen“ ausgesprochen, wenn medizinisch eindeutig festgestellt ist, dass aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt. Gleichzeitig hat sie einer der Töchter eine Vorsorgevollmacht zur Durchsetzung ihrer Patientenverfügung erteilt. Diese Tochter war der Meinung, dass ein Beenden der künstlichen Ernährung und das Entfernen der entsprechenden Magensonde nicht dem tatsächlichen Willen ihrer Mutter entspricht. Die Entscheidung traf sie nach Absprache und in Übereinstimmung mit der Hausärztin. Die beiden anderen Töchter der Frau waren mit der Entscheidung ihrer Schwester jedoch nicht einverstanden. Dabei beriefen sie sich auf die verfasste Patientenverfügung der Mutter und forderten deshalb die Bestellung eines Kontrollbetreuers für ihre Schwester.

Die Entscheidung 

Die Karlsruher Richter entschieden, dass ein Kontrollbetreuer erst dann bestellt werden darf, wenn eindeutig feststeht, dass der Bevollmächtigte sich über den Willen des Betroffenen hinwegsetzt. Dies wäre aber kaum anzunehmen, wenn der Bevollmächtigte und der behandelnde Arzt einvernehmlich handeln. Die Formulierung „keine lebenserhaltende Maßnahmen“ enthielt keine konkrete Behandlungsentscheidung. In der Patientenverfügung der Mutter fehlten genauere Angaben zu spezifischen Krankheitszuständen oder medizinischen Behandlungsmethoden. Aus dem Dokument ließ sich entsprechend nicht herauslesen, dass die Frau künstliche Ernährung ablehnen würde. Deshalb könne man auch nicht behaupten, die Bevollmächtigte würde sich über den in der Patientenverfügung verfassten Willen der Mutter hinwegsetzen. Hinzu wäre zu berücksichtigen, dass die Mutter in der Zeit in der sie noch mit ihrer Umwelt kommunizieren konnte, der künstlichen Ernährung mit Hilfe der PEG-Sonde nicht widersprochen hätte.

Die in vielen Patientenverfügungen enthaltenen pauschalen Formulierungen sind laut BGH unwirksam und nicht ausreichend. Im vorliegenden Fall waren zum Beispiel die Formulierungen „die Erhaltung eines erträglichen Lebens“ oder der unscharfe Begriff eines „schweren“ Dauerschadens nicht ausreichend konkret. Diese enthielten einen weiten Ermessensspielraum zu, welcher der Bevollmächtigten entsprechend auch zugebilligt wurde. Die Konkretisierung könne nur durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen und unter Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheitszustände oder medizinische Behandlungsmethoden erfolgen. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass Behandlungswünsche, welche zeitnah geäußert werden und konkrete Bezüge zur Behandlung aufweisen, besonders aussagekräftig sind. Damit geht der BGH auch auf den zeitlichen Aspekt bei der Verfassung einer Patientenverfügung ein. Es lässt sich schlussfolgern, dass eine ältere, nicht aktualisierte Patientenverfügung weniger Wirkungsmacht entfalten kann als eine, die erst vor kurzem verfasst oder bekräftigt wurde.

Konsequenzen der BGH-Entscheidung zur Patientenverfügung

Die Entscheidung des BGH konkretisiert im Grunde die vom Patientenverfügungsgesetz 2009 geschaffene Rechtslage. Schon 2009 wurde in dem Gesetz festgelegt, dass eine Patientenverfügung konkrete Behandlungsentscheidungen in einer bestimmten Krankheitssituation beinhalten soll. Grundsätzlich ist das Urteil des BGH auch im Hinblick auf die Vollmachtnehmer und die behandelnden Ärzte begrüßenswert. Diese haben nun eine bessere Vorstellung vom Patientenwillen und können diesen dementsprechend auch besser umsetzen. Gleichzeitig müssen nun aber auch hunderttausende Patientenverfügungen überprüft werden.

Verfügen Sie bereits über eine Patientenverfügung, so empfiehlt es sich diese ebenfalls daraufhin zu überprüfen, ob sie den aktuellen Anforderungen zur Konkretisierung gerecht wird. Vor allem Musterformulare oder Vordrucke können von Gerichten als unzureichend und unwirksam angesehen werden. Aber auch alle weiteren, ob individuell oder mit Hilfe eines Arztes oder Notars erstellten, Patientenverfügungen bedürfen der Überprüfung. Nutzen sie hierzu unseren kostenfreien Service. Wir prüfen Ihre Patientenverfügung kostenlos darauf, ob sie vom aktuellen Urteil des BGH betroffen ist.

Letztendlich macht das BGH-Urteil auch klar, wie wichtig die gesundheitliche Vorsorge ist. Spätestens in dem Moment, wo man Kenntnis von einer schwerwiegenden Erkrankung erlangt, sollte man eine Patientenverfügung erstellen beziehungsweise erneuern. Denn nur aktuelle und wirksame Dokumente bieten Ihnen im Ernstfall Schutz und Sicherheit. Ohne rechtswirksame und vollständige Vorsorgedokumente gibt es später große Probleme. Diese lassen sich sehr einfach vorher vermeiden.

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Anforderungen an die Feststellung des tatsächlichen Patientenwillens

Im folgenden Fall befasste sich der BGH (XII ZB 202/13; 17.09.2014) mit dem Schicksal einer Wachkomapatientin und ihrer Angehörigen. Die Tochter sowie der Ehemann waren als Betreuer eingesetzt und forderten die Einstellung der künstlichen Ernährung, da die Frau in der Vergangenheit geäußert habe, im Fall einer schweren Krankheit keine lebenserhaltenden Maßnahmen erhalten zu wollen. Da jedoch keine schriftliche Patientenverfügung vorlag, haben sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht dies untersagt. In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass die früheren Äußerungen der Frau nicht die notwendige Qualität hätten, wie sie einer schriftlichen Patientenverfügung inne liegt.

Auch in diesem Fall hat der BGH die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Richter des BGH sahen keine Notwendigkeit für besonders strenge Anforderungen für die Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens. Das Fehlen einer Patientenverfügung dürfe nicht dazu führen, dass früher getätigten Willensäußerungen der Patienten jegliche Relevanz abgesprochen wird.

Durchbruch bei der Wirkung einer Patientenverfügung

Auch bei dem folgenden Urteil (2 StR 454/09; 25.06.2010) geht es im Kern um den Konflikt zwischen einem Pflegeheim und den Angehörigen eines Pflegeheimbewohners. Eine Patientin lag schon fünf Jahre im Wachkoma. Für einen solchen Fall sollte es zu einem Abbruch der Behandlung kommen, hat sie früher gegenüber ihren Kindern mündlich geäußert. Die Kinder drängten bei der Heimleitung auf Einstellung der künstlichen Ernährung, was auch zwischenzeitlich befolgt wurde. Die Geschäftsleitung des Gesamtunternehmens zu dem das Heim gehörte beharrte jedoch auf einer Fortsetzung der Ernährung und so wurde diese wieder aufgenommen. Ein Rechtsanwalt hatte daraufhin den Angehörigen geraten, die Schläuche, die der künstlichen Ernährung dienten, durchzutrennen, was diese dann auch taten. Als die Heimleitung dies entdeckte, wurde die Patientin in ein Krankenhaus verlegt, wo sie zwar wieder künstlich ernährt wurde, jedoch nach einigen Tagen verstarb. In der Folge wurde der Anwalt wegen Beihilfe zum Totschlag vom Landgericht Fulda schuldig gesprochen.

Dieses Urteil wurde vom BGH jedoch revidiert. Zur Begründung zogen die Richter den Text des 2009 erlassenen Patientenverfügungsgesetzes heran. Demzufolge hätte der Willen der Patientin befolgt und die Behandlung abgebrochen werden müssen. Die Fortsetzung der künstlichen Ernährung werteten die Richter als Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Das Durchtrennen des Schlauchs durch die Kinder sei hingegen erlaubt und würde dem Willen der Patientin entsprechen. Diese Entscheidung des BGH gilt als eines der signifikantesten Urteile zum Thema Patientenverfügung und Patientenwille.
 


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Stärkung der Patientenautonomie und des Patientenwillens

Im Jahre 2005 entschied der BGH (XII ZR 177/03; 08.06.2005) über folgenden Fall. Der Betreuer eines Wachkomapatienten hat das betreuende Pflegeheim zur Einstellung der künstlichen Ernährung des Patienten aufgefordert. Dies war unter anderem auch mit dem behandelnden Arzt abgestimmt. Die Pfleger weigerten sich jedoch die künstliche Ernährung einzustellen. Dies begründeten sie mit dem zwischen Heim und Patient bestehendem Vertrag sowie dem Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen.

Der BGH entschied, dass weder der bestehende Vertrag noch die Verweigerung aus Gewissensgründen, als Grund für die Weiterführung der künstlichen Ernährung ausreichen würden. Auch mit diesem Urteil wurde die Patientenautonomie und der Status des Patientenwillens gestärkt. Eine Weiterführung der künstlichen Ernährung gegen den Patientenwillen sei eine rechtswidrige Handlung und das Selbstbestimmungsrecht der Pflegekräfte finde am entgegenstehenden Willen des Patienten – oder wie in diesem Fall des für ihn handelnden Betreuers – ihre Grenze, so das Gericht.

Patientenverfügung und Kontrollbedingungen

In einem anderen Fall ging es darum, wann das Betreuungsgericht eine Anweisung des Betreuers genehmigen muss. Der Betreuer eines Wachkomapatienten hatte beantragt, die künstliche Ernährung einzustellen. Eine Besserung des Zustandes sei nicht zu erwarten und ein entsprechender Patientenwille läge auch schriftlich vor, so der Betreuer. In dem Schriftstück fordert der Betreute, dass künstliche Ernährung einzustellen sei, sollte er sich im Wachkoma oder einem ähnlichen Zustand befinden. Zwei Oberlandesgerichte  beschlossen, dass bei solcher Sachlage dennoch ein Betreuungsgericht eingeschaltet werden müsse, wohingegen das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein dies verneinte.

Im Urteil des BGH (XII ZB 2/03; 17.03.2003) wird das Einholen der Genehmigung des Betreuungsgerichts eingefordert. Das Verweigern einer lebenserhaltenden Maßnahme müsse Gegenstand richterlicher Überprüfung sein, auch wenn ein entsprechender Patientenwille vorliegt. Generell hat das Urteil aber zu einer Stärkung der Patientenverfügung und des darin enthaltenen Patientenwillens geführt. Denn es negiert nicht die Möglichkeit eines Behandlungsabbruchs, wenn dies dem Willen des Betroffenen entspricht, knüpft aber an einen solchen bestimmte Kontrollbedingungen.

Zulässigkeit der Gabe von Schmerzmittel

Ein weiterer Fall mit dem sich der BGH (BGH 3 StR 79/96; 15.11.1996) befassen musste, wurde zuerst vor dem Landgericht Kiel verhandelt. Eine ältere Frau, die kurz vor ihrem Tod stand, wurde von einem befreundeten Ehepaar betreut. Bei den Eheleuten handelte es sich um Ärzte und sie entschieden, die Frau nicht ins Krankenhaus zu verlegen, sondern daheim medikamentös zu behandeln. Die Frau starb kurze Zeit später und der Fall wurde vor dem Landgericht Kiel verhandelt. Der toten Frau wurde vor dem Todeseintritt eine Überdosis eines Schmerzmittels verabreicht. Das Gericht verurteilte den Mann wegen Mordes, da er aus Habgier gehandelt habe, um das Erbe der Verstorbenen zu erschleichen. Seine Ehefrau wurde wegen Totschlags verurteilt, da sie der toten Frau zwar ein leidvolles Sterben ersparen wollte, jedoch ebenfalls mit Tötungsabsicht gehandelt habe.

Der BGH revidierte die Verurteilung der Ärztin durch das Landgericht. Aus Mangel an Beweisen könne eine Tötungsabsicht nicht nachgewiesen werden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Injektion des Schmerzmittels nur dem Zweck der Schmerzlinderung diente und der Tod der Patientin nicht beabsichtigt war. Wenn dies dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen entspräche, sei eine ärztlich gebotene schmerzlindernde Medikation nicht schon deshalb unzulässig, weil sie den Todeseintritt möglicherweise beschleunigt. Damit hat der BGH zum ersten Mal indirekte Sterbehilfe für zulässig erklärt.

BGH zur Stärkung des mutmaßlichen Patientenwillens

Beim diesem Urteil wurde durch den BGH eine Entscheidung des Landgerichts Kempten revidiert. Das Landgericht hat den Arzt und Betreuer einer Wachkomapatientin verurteilt. Die beiden hatten das Pflegeheimpersonal angewiesen, die künstliche Ernährung einer Frau einzustellen. Das Personal befolgte die Anweisung jedoch nicht und wandte sich an das Betreuungsgericht. Dieses untersagte die Maßnahme. Vor dem Landgericht Kempten wurden daraufhin der Arzt und der Betreuer der Wachkomapatientin wegen versuchten Totschlags verurteilt. Denn da der unmittelbare Tod der Frau nicht bevorstand, stellte dies keine passive Sterbehilfe dar.

Vor dem BGH (BGH 1 StR 357/94; 13.09.1994) erreichten die beiden Verurteilten jedoch einen Freispruch. Die Richter sahen in dem Absetzen der künstlichen Ernährung keinen versuchten Totschlag. Auch wenn eine unmittelbare Todesnähe nicht bestand, so müsste ein mutmaßlich vorhandener Patientenwille Beachtung finden. Die Frau sei zwar nicht kommunikationsfähig gewesen aber durch Zeugenaussagen konnte glaubwürdig nachgewiesen werden, dass sie der Nahrungseinstellung wohl zugestimmt hätte. Dadurch sah das Gericht in dem Vorgehen der Beklagten keinen versuchten Totschlag sondern passive Sterbehilfe, die unter diesen Umständen auch zulässig war. Entsprechend wurden der Arzt und der Betreuer der Frau dann auch freigesprochen.

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